Steuerrechtsurteile

Selbstständige können Verluste aus Wohnwagenvermietung in Österreich bis 1998 steuerlich absetzen



Der bis 1998 geltende Ausschluss des Verlustausgleichs gemäß § 2a Abs.3 in Verbindung mit Abs.2 S.1 EStG 1990 stand nicht in Einklang mit den Grundfreiheiten des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV). Deshalb muss das Finanzamt die Verluste eines selbständigen Masseurs aus einer gewerblichen Wohnwagenvermietung in Österreich im Jahr 1996 mit seinen Einkünften aus der Masseurtätigkeit verrechnen.

Der Sachverhalt:
Der in Deutschland wohnende Kläger bezog im Streitjahr 1996 Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Masseur. Zudem betrieb er eine gewerbliche Wohnwagenvermietung auf einem Dauercampingplatz in Österreich. Die Verluste aus der Wohnwagenvermietung wollte er mit seinen Einkünften aus der Masseurtätigkeit verrechnen.

Das Finanzamt ließ den Verlust von rund 64.000 DM bei der Veranlagung 1996 nicht zum Abzug zu, der Kläger die Wohnwagenvermietung ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben habe.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem FG nur teilweise Erfolg. Der BFH gab der Klage vollständig statt und wies die Revision des Finanzamts zurück.


Die Gründe:
Die Streitsache betrifft noch die Rechtslage bis 1998. Der Verlust aus der Wohnwagenvermietung in Höhe von 61.809 DM muss deshalb bei der Einkommensermittlung berücksichtigt werden. Denn der Ausschluss des Verlustausgleichs gemäß § 2a Abs.3 in Verbindung mit Abs.2 S.1 EStG 1990 stand nicht in Einklang mit den Grundfreiheiten des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV).


Die Verluste, die ein inländischer Unternehmer durch eine Betriebsstätte im Ausland erwirtschaftet, können im Inland grundsätzlich nicht oder nur eingeschränkt steuerwirksam abgezogen werden. Eingeschränkt abziehbar sind zum Beispiel Betriebsstättenverluste, die aus Fremdenverkehrsleistungen herrühren. Dadurch soll unerwünschten Steuersparmodellen vorgebeugt werden. Damit unterstellt der Gesetzgeber, dass Unternehmen, die im Bereich des Fremdenverkehrs tätig sind, typischerweise verlustträchtige Tätigkeiten in das Ausland verlagern, nur um in Deutschland ihre steuerbaren Gewinne zu verringern.


Allerdings ist diese Einschränkung zu Lasten aller Fremdenverkehrsleistungen zu pauschal und verstößt gegen die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsfreiheit. Sie geht über das hinaus, was innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zur Bekämpfung missbräuchlicher Konstruktionen erforderlich ist.


Hintergrund:
Noch unbeantwortet ist, ob sich die seitdem verschärfte Rechtlage in Deutschland mit dem Gemeinschaftsrecht verträgt oder ob es aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen nicht ohnehin geboten ist, Verluste aus Betriebsstätten in anderen Mitgliedstaaten innerhalb der Europäischen Gemeinschaft uneingeschränkt zum Steuerabzug zuzulassen. Über diese Rechtsfrage wird demnächst der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache "Lidl Belgium" (C-414/06) entscheiden.



Linkhinweis:



  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.

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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 24.04.2008, Quelle: BFH PM Nr.43 vom 23.04.2008


(Meldung vom 2008-04-24)