Steuerrechtsurteile

Bereitstellungsentgelte für Zwangsräumungen unterliegen nicht der Umsatzsteuer



So genannte Bereitstellungsentgelte, die ein Speditionsunternehmen erhält, wenn eine Zwangsräumung vom zuständigen Gerichtsvollzieher kurzfristig abgesagt wird, unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Es fehlt an einem Leistungsaustausch im Sinn von § 1 Abs.1 Nr.1 UStG, da das Speditionsunternehmen im Vorfeld einer Zwangsräumung regelmäßig keinerlei Vorbereitungshandlungen erbringt.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt ein Speditionsunternehmen in der Rechtsform der GmbH. Sie führt im Auftrag von Gerichtsvollziehern Zwangsräumungen durch und erhält dafür ein nach der Anzahl der zu räumenden Zimmer gestaffeltes Entgelt, auf das sie Umsatzsteuer zahlt. Wird die Zwangsräumung innerhalb von vier Tagen vor dem Räumungstermin abgesagt, erhält die Klägerin 30 Prozent der vereinbarten Vergütung als so genanntes Bereitstellungsentgelt. Dieses Entgelt unterwirft sie nicht der Umsatzsteuer.

Das Finanzamt war im Anschluss an eine Außenprüfung für die Streitjahre 1995 bis 1999 der Auffassung, dass die Bereitstellungsentgelte umsatzsteuerpflichtig sind, und setzte die Umsatzsteuer entsprechend herauf. Zur Begründung führte es aus, dass die Klägerin im Vorfeld der Räumungen zumindest Organisationsleistungen erbringe. Das Bereitstellungsentgelt sei daher als Gegenleistung für die bis dahin erbrachten Leistungen der Klägerin anzusehen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass sie bis zum Kündigungstermin keinerlei Vorbereitungshandlungen erbringe. Sie erhalte das Bereitstellungsentgelt gemäß § 649 BGB als eine Art „entgangenen Gewinn“, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Das FG gab der Klage statt, ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache allerdings die Revision zum BFH zu.


Die Gründe:
Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 1999 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Der Umsatzsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 UStG nur Leistungen, die gegen Entgelt erbracht werden. Die Steuerpflicht setzt demnach einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung voraus, wobei die gezahlten Beträge tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung darstellen müssen.


Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Anspruchsgrundlage für die Bereitstellungsentgelte ist § 649 S.2 BGB, wonach der Unternehmer im Fall der vorzeitigen Kündigung des Werkvertrags die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen kann. Um diesen Anspruch zu erlangen, muss die Klägerin keinerlei Leistungen erbringen. Nach den Feststellungen des Senats erbringt die Klägerin bis zum Zeitpunkt der Vertragskündigung auch tatsächlich keine irgendwie geartete (Vorbereitung-)Leistung. Damit fehlt es an dem von § 1 Abs.1 Nr.1 UStG vorausgesetzten Leistungsaustausch.


Linkhinweis:


Für den auf der Website des Niedersächsischen FG veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.




Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 21.04.2008; Quelle: Niedersächsisches FG PM vom 21.04.2008


(Meldung vom 2008-04-22)