Steuerrechtsurteile

Die Besteuerung von positiven Kapitalerträgen war für 1994, 1995, 2000 und 2001 verfassungsgemäß



Die positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen, insbesondere Kapitalerträge im Sinn des § 20 Abs.1 Nr.7 EStG müssen in den Veranlagungszeiträumen 1994, 1995, 2000 und 2001 versteuert werden. Mit dem Zinsabschlaggesetz aus 1992 sowie dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 und der damit einhergehenden Erweiterung der Ermittlungsinstrumentarien der Finanzbehörden ist das vor 1994 bestehende strukturelle Vollzugsdefizit beseitigt worden. Die Besteuerungsmaßnahmen sind daher verfassungsgemäß.

Der Sachverhalt:
Die Beschwerdeführer sind Eheleute, die in den Streitjahren 1994, 1995, 2000 und 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie erzielten unter anderem positive Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 2 Abs.1 S.1 Nr.5 EStG, insbesondere Kapitalerträge im Sinn des § 20 Abs.1 Nr.7 EStG, die das Finanzamt erklärungsgemäß der Besteuerung nach dem EStG zugrunde legte.

Die Beschwerdeführer vertraten die Auffassung, die Besteuerung der Zinseinkünfte sei verfassungswidrig. Sie verstoße auch nach der Neuregelung der Zinsbesteuerung durch das Zinsabschlaggesetz gegen Art.3 Abs.1 GG. Die nach dem Inkrafttreten des Zinsabschlaggesetzes durchgeführten gesetzgeberischen Maßnahmen seien nicht geeignet, das strukturelle Erhebungsdefizit im Bereich der Zinsbesteuerung zu beseitigen. Der durch den Zinsabschlag motivierten Kapitalflucht in das Ausland hätte der Gesetzgeber durch ein wirksames Kontrollverfahren entgegentreten müssen.

Die Klage gegen die Bescheide des Finanzamts hatte vor den Fachgerichten keinen Erfolg. Die gegen diese abweisenden Entscheidungen gerichtete Verfassungsbeschwerde nahm das BVerfG nicht zur Entscheidung an.


Die Gründe:
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer besteht für die Veranlagungszeiträume 1994, 1995, 2000 und 2001 kein strukturelles Vollzugsdefizit mehr, das zur Verfassungswidrigkeit von §§ 2 Abs.1 S.1 Nr.5, 20 Abs.1 Nr.7 EstG führen könnte. Der Gesetzgeber ist bereits seit 1992 mit der Neuregelung der Zinsbesteuerung seiner Verantwortung nachgekommen.


Für die Würdigung der für die Veranlagungszeiträume 1994 und 1995 maßgebenden Vollzugspraxis sind auch die Änderungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 zu berücksichtigen. Dieses hat eine erhebliche Reduzierung des für frühere Veranlagungszeiträume festgestellten Erhebungsdefizits geführt. Durch das neu eingeführte Mitteilungsverfahren gemäß § 45d EStG hat der Gesetzgeber zudem sichergestellt, dass der Sparerfreibetrag nicht unberechtigt mehrfach in Anspruch genommen werden konnte.


Erhebungsdefizite in den Fällen, in denen steuerbare Kapitalerträge von ausländischen Zahlstellen bezogen wurden, sind dem Gesetzgeber nicht zurechenbar, da selbst die Quellensteuer in diesen Fällen nicht greift. Soweit die Beschwerdeführer rügen, der Gesetzgeber habe es versäumt, Kontrollmöglichkeiten bezüglich der Kapitalverlagerung ins Ausland zu schaffen, lassen sie unberücksichtigt, dass die Einführung von Meldepflichten inländischer Kreditinstitute nicht hätte verhindern können, dass zumindest kapitalkräftigere Steuerpflichtige ihr Kapital unmittelbar im Ausland deponieren, ohne inländische Kreditinstitute einzuschalten.


Außerdem hat der Gesetzgeber mit dem durch Art. 2 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit von 2003 geschaffenen und 2005 in Kraft getretenen verfassungsgemäßen Kontenabrufverfahren gemäß §§ 93 Abs.7, 93b AO die Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzämter weiter effektiviert. Gerade vor diesem Hintergrund kann allein aus dem Umstand, dass § 30a AO unverändert geblieben ist, eine prinzipielle Verfehlung des Ziels tatsächlich gleichmäßiger Steuerbelastung nicht abgeleitet werden.


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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 22.04.2008, Quelle: BVerfG online


(Meldung vom 2008-04-22)