Steuerrechtsurteile

Mindestbemessungsgrundlage für verbilligte Arbeitgeberleistungen gilt nicht für betrieblichen Erfordernissen dienende Leistungen



Nach § 10 Abs.5 Nr.2 UStG bemisst sich die Umsatzsteuer auf verbilligte Arbeitgeberleistungen nach den tatsächlich entstandenen Kosten. Diese Mindestbemessungsgrundlage gilt allerdings nur für Leistungen, die dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und nicht betrieblichen Erfordernissen dienen. Die Beförderung der Arbeitnehmer zur Arbeitsstätte dient betrieblichen Erfordernissen, wenn eine hinreichende Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr fehlt.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine KG, die als Organträgerin die Umsätze der S-GmbH versteuert. Für die Arbeitnehmer der S-GmbH bestand in den Streitjahren 1999 und 2000 keine Möglichkeit, die Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis zum Arbeitsbeginn um 6:00 Uhr zu erreichen. Gegen einen Fahrpreis von brutto 1,00 DM pro Arbeitstag konnten die Arbeitnehmer allerdings für die tägliche Fahrt zur Arbeit einen von der S-GmbH angemieteten Bus benutzen.

Die Klägerin versteuerte die von den Arbeitnehmern gezahlten Beförderungsentgelte, die rund 8,5 Prozent der Beförderungskosten ausmachten, mit dem Regelsteuersatz von 16 Prozent. Das Finanzamt folgte dem nicht. Es war der Auffassung, dass die Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs.5 Nr.2 UStG Anwendung finde, mit der Folge, dass die Steuer auf der Grundlage der tatsächlichen Beförderungskosten zu berechnen sei.

Die gegen die entsprechenden Umsatzsteuerbescheide gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.


Die Gründe:
Die Voraussetzungen für die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs.5 Nr.2 UStG 1999 sind im Streitfall nicht erfüllt. Verbilligte Arbeitgeberleistungen unterliegen nur dann der Mindestbemessungsgrundlage, wenn die Leistungen „aufgrund des Dienstverhältnisses“ erbracht werden. Hieran fehlt es, wenn die Leistungen - wie hier - nicht dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer, sondern beruflichen Erfordernissen dienen.


Das ergibt sich aus dem Zusammenhang von unentgeltlichen und verbilligten Arbeitgeberleistungen. Unentgeltliche Leistungen für den privaten Bedarf der Arbeitnehmer sind gemäß § 3 Abs.1b Nr.2, Abs.9a UStG nach Maßgabe der für die Leistung entstehenden Kosten zu versteuern. § 10 Abs.5 Nr.2 UStG soll verhindern, dass diese Besteuerung nicht durch die Vereinbarung eines geringfügigen Entgelts umgangen werden kann.


Da unentgeltliche Arbeitgeberleistungen, die nicht dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer, sondern betrieblichen Erfordernissen dienen, keine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung sind, kann auch die Vereinbarung eines verbilligten Entgelts nicht zu einer Steuerumgehung führen. Daher kommt die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage auf Leistungen, die betrieblichen Erfordernissen dienen, nicht in Betracht.


Bei Arbeitnehmern gehört die Beförderung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zwar grundsätzlich zum privaten Bedarf. Etwas anderes gilt aber beispielsweise dann, wenn für die Arbeitnehmer keine zumutbaren Möglichkeiten bestehen, die Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. In diesem Fall ist die vom Arbeitgeber organisierte Beförderung durch betriebliche Erfordernisse bedingt.


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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 16.04.2008; Quelle: BFH PM Nr.40 vom 16.04.2008


(Meldung vom 2008-04-16)