Steuerrechtsurteile

BVerfG erklärt Vorlage zur Verfassungsmäßigkeit des StraBEG und der Zinsbesteuerung für unzulässig



Das BVerfG hat die Vorlage eines FG zur Verfassungsmäßigkeit des Strafbefreiungserklärungsgesetzes (StraBEG) und der Zinsbesteuerung in den Jahren 2000 bis 2002 mangels hinreichender Vorprüfungen für unzulässig erklärt. Das FG habe sich insbesondere nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die relative Schlechterstellung steuerehrlicher Steuerpflichtiger durch das StraBEG verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein könne, so das BVerfG.

Der Sachverhalt:
Die Kläger des Ausgangsverfahrens hatten in ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 bis 2002 unter anderem Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt, in denen auch Zinseinnahmen enthalten waren. Das Finanzamt veranlagte die Kläger erklärungsgemäß. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage begehrten die Kläger, auch ohne Steuerverkürzung nach den Regelungen des StraBEG besteuert zu werden. Außerdem machten sie geltend, dass die Besteuerung der Zinseinkünfte wegen eines fortbestehenden Vollzugsdefizits verfassungswidrig sei.

Das mit der Klage befasste FG Köln setzte das Verfahren aus und legte dem BVerfG die Frage vor, ob das StraBEG verfassungswidrig sei, weil es steuerehrliche Steuerpflichtige einer höheren Steuer unterwerfe als steuerunehrliche Steuerpflichtige. Das FG wollte außerdem wissen, ob die Zinsbesteuerung in den Jahren 2000 bis 2002 aufgrund eines weiterhin bestehenden strukturellen Vollzugsdefizits verfassungswidrig sei.

Das BVerfG erklärte die Vorlage für unzulässig.


Die Gründe:
Gerichte können nur dann eine Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift einholen, wenn sie zuvor die Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft haben. Hieran fehlt es im Streitfall. Das FG hat sich nicht hinreichend mit den für und gegen eine Verfassungswidrigkeit der streitigen Normen sprechenden Argumente auseinandergesetzt.


1. Verfassungsmäßigkeit des StraBEG
Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des StraBEG hat sich das FG nicht geprüft, ob die hiermit eventuell bewirkte relative Schlechterstellung steuerehrlicher Steuerpflichtiger gegenüber steuerunehrlichen Steuerpflichtigen gerechtfertigt sein könnte. Es verkennt, dass das Gesetz nicht das Ziel hatte, die Steuerhinterziehung zu belohnen, sondern einen Anreiz für eine freiwillige Rückkehr in die Steuerehrlichkeit schaffen sollte.


Das FG hat auch nicht erörtert, ob durch das StraBEG die Erhebungssituation bei den Zinseinkünften verbessert worden ist. Ferner fehlt eine Auseinandersetzung mit der engen Verzahnung des StraBEG mit dem neu geschaffenen Kontenabrufverfahren, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers Steuerverkürzungen erschweren und die Steuerehrlichkeit nachhaltig fördern sollte.


2. Verfassungsmäßigkeit der Zinsbesteuerung
Soweit die Vorlage die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Zinseinkünften für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2002 betrifft, ist das FG nicht ausreichend darauf eingegangen, ob die im Anschluss an das „Zinsurteil“ des BVerfG ergangenen Gesetzesänderungen die Vollzugsbedingungen verbessert haben. Hierzu genügt nicht der jeweilige Hinweis des Gerichts, die einzelnen vom Gesetzgeber getroffenen Maßnahmen seien für sich genommen weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen geeignet, das vom BVerfG festgestellte Vollzugsdefizit zu beseitigen.


Für die Darlegung eines strukturellen Vollzugsdefizits reicht es insbesondere nicht aus, wenn sich das FG auf die Aufrechterhaltung von § 30a AO stützt. Vor dem Hintergrund der Ausweitung der Kontrollmöglichkeiten der Finanzämter kann allein der Umstand, dass § 30a AO unverändert geblieben ist, ein verfassungswidriges Vollzugsdefizit nicht begründen.


Der Hintergrund:
Im „Zinsurteil“ von 1991 hatte das BVerfG festgestellt, dass bei der Besteuerung von Zinseinkünften seit dem Veranlagungszeitraum 1981 ein strukturelles Vollzugsdefizit bestand, das der Gesetzgeber bis zum 01.01.1993 beseitigen sollte. Um diesen Vorgaben zu entsprechen, hat der Gesetzgeber 1992 das Zinsabschlaggesetz erlassen. Es folgten weitere gesetzliche Änderungen mit Auswirkungen auf die Zinsbesteuerung durch das Steuerentlastungsgesetz von 1999 und das Steueränderungsgesetz 2003.


Nach dem StraBEG konnte durch eine strafbefreiende Erklärung und Entrichtung einer pauschalen Abgabe Strafbefreiung für die in den Veranlagungszeiträumen 1993 bis 2002 erzielten und bislang nicht versteuerten Einnahmen erlangt werden. Die Einnahmen wurden zur pauschalen Abgeltung aller denkbaren Abzüge lediglich in Höhe von 60 Prozent der Abgabe unterworfen. Nach Auslaufen der Regelungen trat am 01.04.2005 das neu geschaffene Kontenabrufverfahren in Kraft, durch das aufgrund der engen Verzahnung mit dem StraBEG die Steuerehrlichkeit nachhaltig gefördert werden sollte.


Linkhinweis:



  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BVerfG veröffentlicht.

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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 03.04.2008; Quelle: BVerfG PM Nr.46 vom 03.04.2008


(Meldung vom 2008-04-03)