Steuerrechtsurteile

Zinsen für Gesellschafter-Darlehen aus den USA dürfen in Deutschland nicht besteuert werden



Erhält eine deutsche Personengesellschaft von ihren in den USA lebenden Gesellschaftern Darlehen, so dürfen die dafür gezahlten Zinsen nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA nur in den USA besteuert werden und müssen in Deutschland steuerfrei bleiben. Entsprechendes gilt im Verhältnis zu zahlreichen anderen Ländern, mit denen Deutschland Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine in Deutschland ansässige Kommanditgesellschaft. Zu ihren Kommanditisten gehören unter anderem die in den USA ansässigen Gesellschafter A. und B. Diese gewährten der Klägerin - wie auch die übrigen Gesellschafter - Darlehen.

Das Finanzamt behandelte die auf A. und B. entfallenden Anteile an den Zinsen auf die Gesellschafterdarlehen als der deutschen Besteuerung unterliegende Sondervergütungen im Sinn von § 15 Abs.1 S.1 Nr.2 EStG. Auf dieser Grundlage errechnete es den Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb.

Mit ihrer gegen den entsprechenden Feststellungsbescheid gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass die auf A. und B. entfallenden Darlehenszinsen nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA (DBA-USA 1989) nicht der deutschen Besteuerung unterlägen. Die Zinserträge stellten daher auch keine Sondervergütungen im Sinn von § 15 Abs.1 S.1 Nr.2 EStG dar und erhöhten dementsprechend nicht ihren Gewinn.


Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH diese Entscheidung auf und gab der Klage statt.


Die Gründe:
Die Zinsen für die Darlehen, die die in den USA ansässigen Gesellschafter A. und B. der Klägerin gewährt haben, dürfen in Deutschland nicht besteuert werden. Das folgt aus § 11 Abs.1 DBA-USA 1989, wonach Zinsen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person als Nutzungsberechtigter bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden dürfen.


Der in Art.11 Abs.1 DBA-USA 1989 verwendete Begriff der „Zinsen“ umfasst gemäß Art. 11 Abs.2 S.1 DBA-USA 1989 Einkünfte aus Forderungen jeder Art. Zu diesen Forderungen gehören auch solche im Verhältnis einer Personengesellschaft zu ihren Gesellschaftern.


Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass eine Personengesellschaft keine „Person“ im Sinn des Abkommens sei und daher mangels Gläubiger-Eigenschaft der Gesellschaft keine Forderung vorliege. Denn für die Definition des Begriffs der „Forderung“ ist auf die Maßstäbe des deutschen Rechts abzustellen. Danach besteht zwischen einer Gesellschaft, die ein verzinsliches Gesellschafterdarlehen erhalten hat, und dem Gesellschafter ein Schuldverhältnis, aus dem eine Forderung des Gesellschafters erwächst.


Die Anwendung von Art.11 Abs.1 DBA-USA 1989 wird im Streitfall auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die in Rede stehenden Zinsen dem Anwendungsbereich des Art.7 Abs.1 DBA-USA 1989 unterfallen. Diese Vorschrift betrifft zwar die Besteuerung "gewerblicher Gewinne eines Unternehmens", zu denen grundsätzlich auch die Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) zählen. Sie greift jedoch im Streitfall nicht ein, da die durch Art. 11 Abs.2 DBA-USA 1989 begründete Zuordnung zum Anwendungsbereich des Art.11 Abs.1 DBA-USA 1989 der Anwendung von Art.7 Abs.1 DBA-USA 1989 vorgeht.


Der Hintergrund:
Der BFH hat darauf hingewiesen, dass die vorliegende Entscheidung auf das Verhältnis zu vielen anderen Staaten übertragen werden kann. Davon ausgenommen sind allerdings Staaten, mit denen Deutschland kein DBA geschlossen hat (zum Beispiel Liechtenstein und Monaco) oder mit denen eine abweichende Sonderregelung vereinbart worden ist (zum Beispiel Österreich und die Schweiz). Dennoch hat die Entscheidung weitreichende Konsequenzen, zumal für Dividenden und Lizenzgebühren ähnliche Regeln wie für Zinsen gelten.


Der rechtliche Hintergrund des Urteils ist dadurch gekennzeichnet, dass Deutschland bei der Besteuerung von Personengesellschaften Zinserträge aus einem Gesellschafterdarlehen als „Sondervergütungen“ des Gesellschafters versteht, die den Gewinn der Gesellschaft erhöhen. Dagegen sehen die meisten anderen Staaten darin Zinseinkünfte, die ausschließlich bei der Besteuerung des Gesellschafters zu berücksichtigen sind.


Bei grenzüberschreitenden Beteiligungsverhältnissen stellt sich daher die Frage, welche systematische Sicht sich durchsetzt. Während die Finanzverwaltung bisher die Ansicht vertreten hat, dass im Rahmen der deutschen Besteuerung nur die Prinzipien des deutschen Rechts maßgeblich seien, hat sich der BFH nunmehr für eine stärker an den internationalen Gepflogenheiten ausgerichtete Lösung entschieden.


Linkhinweis:



  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.

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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 19.03.2008; Quelle: BFH PM Nr.30 vom 19.03.2008


(Meldung vom 2008-03-19)