Steuerrechtsurteile

Kurse über "Sofortmaßnahmen am Unfallort" können von der Umsatzsteuer befreit sein



Umsätze aus der Durchführung von Kursen über "Sofortmaßnahmen am Unfallort" können als "Schul- oder Hochschulunterricht" im Sinn von Art.13 Teil A Abs.1 i) der Richtlinie 77/388/EWG umsatzsteuerfrei sein. Das gilt auch, wenn die Kurse von einer GmbH mit Gewinnerzielungsabsicht angeboten werden.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH, die bundesweit Kurse über "Sofortmaßnahmen am Unfallort" durchführt. Die Kurse werden überwiegend von Fahrschülern besucht. Die Bezirksregierung A. hatte der Klägerin eine Bescheinigung ausgestellt, wonach sie mit diesen Kursen ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet.

Die Klägerin behandelte die Umsätze aus der Durchführung der Kurse gemäß § 4 Nr.21 a) bb) UStG als steuerfrei. Das Finanzamt folgte dem nicht und setzte dementsprechend Umsatzsteuer fest.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG ab, weil die Klägerin im Hinblick auf die streitigen Kurse weder als Schule noch als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung im Sinn von § 4 Nr.21 a) bb) UStG anzusehen sei. Die Kurse stünden im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3. Insoweit würden auch Fahrschulen nicht als Einrichtung im Sinn von § 4 Nr.21 a) bb) UStG anerkannt.


Auf die Revision der Klägerin hob der BFH diese Entscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.


Die Gründe:
Die Umsätze der Klägerin aus der Durchführung der Kurse über "Sofortmaßnahmen am Unfallort" sind entgegen der Auffassung des Finanzamts und des FG umsatzsteuerfrei.


Es kann offen bleiben, ob die Steuerfreiheit der Umsätze aus § 4 Nr.21 a) bb) UStG folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist. Denn die Klägerin kann sich für die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen unmittelbar auf Art.13 Teil A Abs.1 i) der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Hiernach befreien die Mitgliedstaaten unter anderem den Schul- und Hochschulunterricht durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts sowie andere Einrichtungen mit staatlich anerkannter vergleichbarer Zielsetzung von der Steuer.


Die streitigen Kurse können als "Schul- und Hochschulunterricht" im Sinn von Art.13 Teil A Abs.1 i) der Richtlinie 77/388/EWG angesehen werden. Denn die Kultusministerien in Nordrhein-Westfalen und Bayern halten es für erforderlich oder zumindest wünschenswert, solche Kurse in den Schulunterricht zu integrieren. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Kurse in den meisten Fällen auf die Fahrprüfung vorbereiten und die Tätigkeiten von Fahrschulen nach der Rechtsprechung des BFH nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Denn Fahrschulen leisten anders als die Klägerin nur einen beschränkten Beitrag zur Allgemeinbildung ihrer Schüler.


Die Klägerin erfüllt auch die persönlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Sie ist eine „andere Einrichtung mit staatlich anerkannter vergleichbarer Zielsetzung“ im Sinn von Art.13 Teil A Abs.1 i) der Richtlinie 77/388/EWG. Der Begriff der „Einrichtung“ erfasst auch private Anbieter mit Gewinnerzielungsabsicht. Die staatliche Anerkennung der Klägerin folgt aus der Bescheinigung der örtlich zuständigen Bezirksregierung.


Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif, da das FG – aus seiner Sicht folgerichtig – noch keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Höhe der von der Klägerin im Klageantrag bezeichneten Umsätze zutreffend ist.


Linkhinweis:



  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.

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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 28.02.2008; Quelle: BFH PM Nr.20 vom 27.02.2008


(Meldung vom 2008-02-28)