Steuerrechtsurteile

Bezug von Arbeitslosengeld II ersetzt nicht die für den Kindergeld-Anspruch erforderliche Meldung als arbeitsuchend



Für Kinder zwischen 18 und 21 Jahren, die nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wird grundsätzlich nur dann Kindergeld gewährt, wenn sie bei einer Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet sind. Hierfür reicht es nicht aus, dass das Kind Arbeitslosengeld II bezieht. Denn dies lässt anders als der Bezug von Arbeitslosengeld I oder die Meldung als arbeitslos nicht zwingend darauf schließen, dass das Kind arbeitswillig und arbeitsbereit ist.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte in den Jahren 2005 und 2006 für ihre damals 20 Jahre alte Tochter Kindergeld erhalten. Die Tochter, die im Mai 2005 ein Kind bekommen hatte, war zu dieser Zeit beschäftigungslos und bezog Arbeitslosengeld II. Als die Familienkasse erfuhr, dass die Tochter im streitigen Zeitraum nicht als arbeitsuchend gemeldet war, hob sie die Kindergeld-Festsetzung auf und verlangte das ausgezahlte Kindergeld zurück.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass sich bereits aus dem Bezug von Arbeitslosengeld II ergebe, dass ihre Tochter arbeitsuchend gewesen sei. Denn zum einen werde Arbeitslosengeld nur an Arbeitsuchende gezahlt. Zum anderen sei ihre Tochter während des Bezugs von Arbeitslosengeld II gesetzlich verpflichtet gewesen, jede ihr zumutbare Arbeit aufzunehmen.

Das FG wies die Klage ab, ließ allerdings die Revision zum BFH zu.


Die Gründe:
Die Familienkasse hat die Kindergeld-Festsetzung für den streitigen Zeitraum zu Recht aufgehoben. Nach § 32 Abs.4 S.1 Nr.1 EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung besteht für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nur dann ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es in keinem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet ist. An dieser Meldung fehlt es hier.


Eine Meldung als arbeitsuchend war im Streitfall auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Zwar kann für ein beschäftigungsloses Kind über den Wortlaut von § 32 Abs.4 S.1 Nr.1 EStG hinaus auch dann Kindergeld beansprucht werden, wenn es sich arbeitslos gemeldet hat oder den Bezug von Arbeitslosengeld I nachweist. Denn in diesen Fällen kann typisierend vermutet werden, dass das Kind arbeitswillig und arbeitsbereit ist.


Das trifft aber auf den Fall, dass ein Kind Arbeitslosengeld II beantragt hat, nicht zu. Denn ein Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld II zielt in erster Linie auf den Erhalt von Geldleistungen. Er ist daher weder Ausdruck der Bemühungen des Kindes, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, noch ergibt sich hieraus, dass das Kind für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung steht.


Auch der Umstand, dass die Tochter der Klägerin Arbeitslosengeld II in ungekürzter Höhe bezogen hat, lässt nicht darauf schließen, dass sie arbeitswillig und arbeitsbereit war. Denn in bestimmten Fällen erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige auch dann Arbeitslosengeld II, wenn ihnen eine Arbeitsaufnahme unzumutbar ist (§ 10 SGB II). Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Hilfebedürftigen – wie hier die Tochter der Klägerin - ein Kleinkind zu betreuen haben und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit die Erziehung des Kindes gefährden würde.


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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 25.02.2008; Quelle: FG Münster PM vom 21.02.2008


(Meldung vom 2008-02-25)